Muss ich Pop singen?

Vielen "in die Jahre gekommenen" Chören stellt sich früher oder später die Frage nach dem Repertoire. Und diese Frage ist wichtig und man sollte sich tatsächlich Zeit und Raum geben, um eine Antwort für den jeweiligen Chor zu finden.

Tatsächlich lässt sich das nämlich nicht pauschal und auch nicht locker aus der Hüfte beantworten!

Zwei verschiedene Fragen stellen die Eckpfeiler:

Ist mein Chor mit unserem Repertoire zufrieden? Und ist mein Publikum begeistert und kommt zu den Konzerten?

 

Mit "ist mein Chor zufrieden" meine ich nicht, dass keiner meckert. Damit eine nachhaltige Zufriedenheit entsteht, muss immer wieder einmal der Moment entstehen, wo deine Sänger sagen: "das sind aber schöne Stücke, die wir zur Zeit singen!"

Dabei schadet es nichts, wenn sich ein "..auch wenn sie schwer sind" oder "...auch wenn ich es am Anfang nicht mochte" anschließt: wenn Du immer wieder diese Zufriedenheit beim Arbeiten im Chor erzeugen kannst, dann hast Du die richtige Auswahl im Kreuzfeuer von Genre, Schwierigkeitsgrad, Klang, Aufwand und evtl auch Aussage getroffen.

 

Die andere Frage ist genauso wichtig, denn jeder Chor möchte auch ankommen bei seinem Publikum, möchte erleben, dass die Zuhörer begeistert, verzaubert oder mitgerissen sind - am besten alles abwechselnd oder auch mal gleichzeitig!

Daher schadet es nie, zwischen die Stücke, die dein Chor liebt oder zumindest zu schätzen gelernt hat, ein paar bekannte Melodien einzubauen, bei denen sich das Publikum erholen kann. Denn Neues zu hören ist immer spannend und aufregend - aber daher auch anstrengend. Und in Zeiten von der immer gleichen Werbung im Abstand von 20min beim gemütlichen Fernsehabend zuhause darf man die Spannungsfähigkeit des Publikums nicht überreizen. Umgekehrt solltest Du Dein Publikum aber auch nicht UNTERschätzen - schließlich haben sie sich bewusst für einen Besuch Deines Konzertes und gegen den og. Fernsehabend entschieden! Daher sollte ein Konzert auch immer eine gewisse Spannung und Unterhaltung beinhalten, die dein Publikum mit dem guten Gefühl entlässt, sich für die richtige Sache entschieden zu haben...

 

Was heißt das nun konkret??

Meiner Ansicht nach ist eine gewisse Mitbestimmung bei der Grundausrichtung des Programms fast schon unerlässlich, aber zumindest sehr sinnvoll. Ganz zu schweigen von der sinnvollen Möglichkeit, im Chor einmal hanz hautnah den Vorteil demokratischer Vorgehensweise zu erleben...

Ich kenne verschiedene Methoden, dies in sinnvollem Maße zu verwirklichen:

ein mir bekannter Chor erreicht die Mitbestimmung, indem pro Konzertprogramm eine kleine Gruppe (mit immer wechselnder Besetzung) gebildet wird, die zum Oberthema des Konzertes Vorschläge macht, was gesungen werden könnte. Dabei kann das Liedgut aus dem Repertoire oder auch Neues (-> Youtube&Co) sein.

Ich habe das zumindest bei Großkonzerten auch schon oft ausprobiert, wobei bei mir dazu noch ein ganzheitliches Konzertkonzept kam. (-> Chorprogrammgestaltung).

In einem anderen Chor wird jenseits von konkreten Planungen ab und zu ein "Liederforum" veranstaltet, wo sich ChorsängerInnen treffen und Liedvorschläge machen, die sie gerne mal singen wollen. Teils sagt der Chorleiter dann schon, WARUM das ein oder andere Stück nicht geeignet ist, so dass die interessierten Chormitglieder auch die Fragen etwas besser kennenlernen, mit denen sich der Chorleiter zu befassen hat (Probenaufwand, a capella oder mit Begleitung, Besetzung etc).

 

Die letzte Entscheidung sollte immer die Chorleitung haben - denn sie muss es ja schließlich einstudieren und auch dafür gerade stehen. Meiner Erfahrung nach ist es aber auch als Leitung leichter, Entscheidungen zu treffen, wenn ich die Meinung und den Geschmack meines Chores kennenlerne und auch einen Raum bekommen, in dem ich meine Überlegungen in Ruhe und vor interessierten Mitgliedern kommentieren oder eventuell sogar diskutieren kann.

Der Vorstand sollte dabei höchstens moderierende Funktion übernehmen - und am Ende der Findungsphase ganz klar hinter der Entscheidung der Leitung stehen, egal wie diese ausfällt. Dann werden sich auch die ChorsängerInnen, deren Überlegungen vielleicht keinen Raum gefunden haben, der Entscheidung leichter beugen und sich hoffentlich durch die Auswahl der Stücke überzeugen lassen.

 

Ich wünsche Euch gegenseitig viele Inspirationen und eine fröhliche Findungsphase bei Euren nächsten Projekten!

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