Fake news in der Chorprobe

An was hast du zuerst gedacht, als du die Überschrift gelesen hast?

An das Getratsche deines Chores in der Pause? An die Ansagen zur Organisation eurer Unternehmungen, die manchmal lücken- oder sogar fehlerhaft sind? An den Krieg in eurem Verein zwischen Chorleitung und Vorstand? An die fehlerhaften Aussagen der Chorleitung zu manchen Stellen in der Probe?

Oder hast Du gedacht "Gibts bei uns nicht!"?

 

Wenn es das letzte war, dann Herzlichen Glückwunsch!  Bei euch scheinen wirklich alle Beteiligten immer alles richtig zu machen!

Bei uns ist das leider nicht so. Und das, obwohl ich immer wieder feststelle, dass ich in der glücklichen Lage bin, in einem wirklich tollen, modernen Verein, der größtmöglichen Wert auf respektvollen Umgang und eine gute und gelöste Arbeitsathmosphäre legt. Und trotzdem...

Wo gehobelt wird, fallen Späne - so lautet ein altes Sprichwort. Und meine Erfahrung stützt diese Erkenntnis: trotz besten Willens und viel Bemühens passiert es immer wieder, dass Fehlinformationen, mangelhafte Absprachen oder auch Desinformationen zu falschen Aussagen führen. Aber so ist es wohl - wir sind alle Menschen und da passieren auch Fehler.

 

Viel interessanter finde ich, wie mit Fehlern, falschen Informationen, lücken- oder fehlerhaften Ansagen UMGEGANGEN wird.

Überall wird ein hohes Maß an Empörungswillen konstatiert. Wir empören uns über schlechte Amstausübung, mangelnde Motivation und Zuverlässigkeit, fehlendes Unrechtsbewusstsein bei Ordnungwidrigkeiten, Unzuverlässigkeit, Unpünktlichkeit...

Die Liste könnte endlos weitergeführt werden.

Und es stimmt: wir  machen an viel zu vielen Stellen viel zu vieles falsch! Wir halten uns nicht an Gebote, Gesetze und Regeln, weil wir finden, dass wir gute Gründe dafür haben, sie außer acht zu lassen. Wir sehen es nicht ein, uns zu beschränken, wenn doch (gefühlt) ALLE ANDEREN sich nicht an die Vorgaben und an vernünftige Regeln halten.

 

Ich fürchte, es ist im Chor so wie überall: wenn wir die Lage ändern wollen, müssen wir mit gutem Beispiel vorangehen!

Im Chor kann es uns vielleicht etwas leichter fallen als woanders. Denn hier sind wir mit Menschen zusammen, mit denen das Grundverständnis stimmt. Und wir sind freiwillig da.

 

Wenn also jemand etwas über andere erzählt: warum nicht freundlich nachhaken und die Fakten oder Quellen erfragen?

Alleine das Nachhaken kann dafür sorgen, dass nur Fakten weiterverbreitet werden, dass Gerüchte entlarvt und auch entschärft werden - und dass das Signal da ist: bei uns wird nicht über andere falsch geredet, hier reden wir mit Anteilnahme über das, was andere betrifft - aber nur, wenn wir es sicher wissen und im besten Falle nur dann, wenn es auch einen Nutzen hat.

 

Wenn ihr Unstimmigkeiten in Chorleitung und Vorstand habt: warum nicht immer wieder versuchen, auf sachliche Argumente und problemlösende Überlegungen zurückkommen statt Stimmungen zu schüren? Schließlich wollen wir alle, dass unsere Chöre ein fröhlicher, erfolgreicher und missstimmungsfreier Ort sind, die für alle Menschen und daher auch für alle Meinungen offen sind.

Wenn wir es schon in unseren Chören nicht schaffen, frei, demokratisch und tolerant miteinander umzugehen - wie sollen wir es dann in der Gesellschaft tun???

 

Und schließlich die Chorleitung: natürlich sind auch einmal Ansagen falsch - zu Taktangaben, zu musikalischen Details oder auch zu inhaltlichen Dingen. Denn auch wenn man professionell arbeitet, können Fehler passieren. So what??

Auch hier können wir daran arbeiten, dass wir eine Fehlerkultur entwickeln. Sollte einer der Chorsänger*innen dich als Chorleitung auf eine irrtümliche Ansage aufmerksam machen - warum sich nicht bedanken für diesen Hinweis?!

Und wenn jemand eine sachliche Korrektur oder eine widersprüchliche Ansicht hat: nimm dir doch einmal kurz Zeit und lasse Dich auf eine kleine Diskussion ein... Manchmal haben auch wirklich die anderen recht mit ihren Anmerkungen! Und wenn nicht, dann ist es doch oft spannend, sich mit anderen Sichten auseinander zu setzen und eventuell neue Schwerpunkte zu entdecken oder zu setzen.

 

Fragen, Diskussionen oder auch Richtigstellungen können - wenn sie richtig gehandhabt werden - für alle immer ein Gewinn sein! Denn sie bewahren uns davor, unsere Erfahrung als allein-seligmachend und unsere Expertise als uneinholbar einzuschätzen.

Und sie können uns helfen, jung, agil und am Puls der Zeit zu bleiben, wenn wir das Geplänkel als Einladung zur Weiterbildung verstehen.

 

Insofern: versuche immer, nach bestem Wissen und Gewissen zu agieren und auch deine Worte zu wählen. Und versuche nie, punktuelle Unwissenheit hinter Geschwafel zu verstecken. Das macht dich angreifbar!

Stattdessen sei offen und ehrlich, wenn Du etwas nicht weißt - und nimm Anmerkungen und Nachfragen als Möglichkeit, Wissenslücken zu entdecken und neue Themenfelder für Dich zu entdecken.

Zuzugeben, etwas nicht zu wissen, kann deine Autorität mehr stützen als der Versuch, sich "herauszulabern".

Sei einfach so, wie Du es dir immer schon von deinen Politikern, deinen Professoren oder anderen Autoritäten gewünscht hast!

 

Dir fehlt das Vorbild?? Dann werde Du eines! ;-)

 

Ich freue mich über deine kritischen Anmerkungen oder Nachfragen... :D

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