Zur Zeit stolpern wir in den sozialen Medien und sogar in den linearen Nachrichten über unzählige Videos und auch Verabredungen zum gemeinsamen Singen - jeder von sich vom Balkon aus. Sicher findet ihr die Idee an sich genauso gut wie ich.
Das Problem ist nur: wenn ich nicht in einer dieser italienischen oder spanischen Straßen, wo Balkon an Balkon angrenzt, lebe, oder in einem Umfeld, wo sowieso oft Musik zu hören ist, ist es schwierig, dieses vereinzelte Rudelsingen mitzumachen.
Ich fühle mich etwas mickrig mit meiner Stimme, habe gar nicht das Gefühl, dass mich einer hört und wenn doch, habe ich eher die Furcht, dass einer "Ruhe!" ruft. Und das, obwohl ich selber mich eigentlich als gutsingendes Wesen einschätze.
Was also tun?? Nicht mitmachen?
In Zeiten, wo überall zu Recht an die Solidarität appelliert wird und wir auf der Suche sind, wie wir Gemeinschaft leben können trotz "sodial distancing" wäre das die schlechteste Lösung, finde ich. Gerade für uns, die wir im "normalen Leben" ständig für die Verbreitung des Singens im Alltag geworben haben - wie kläglich wäre es, wenn wir uns nun so einfach ausbremsen lassen würden.
Was gibt es also für Tipps, dass wir uns beim gemeinsamen Einzelsingen nicht so kläglich alleine fühlen?
Hier ein paar Ideen:
- Lass das Lied, dass du singen willst, im Hintergrund von der "Konserve" laufen, so dass du nur "mitsingen" musst. Mach die Lautstärke aber nur so laut, dass Du die Musik hören kannst, aber so leise, dass du sie übertönen kannst.
- Teste vorher, ob die Tonlage für dich passt. Blöd, wenn du in einer Tonart anfängst, wo du nach einigen Takten an deine Grenzen kommst und nicht mehr frei aufsingen kannst.
- Natürlich ist es leichter, wenn du Menschen aus der Nachbarschaft hast, mit denen du dich verabreden kannst.
Eine mentale Hilfe kann aber zumindest sein, wenn Du Dich mit anderen (deinem Chor?) zum gleichen Zeitpunkt verabredest und ihr auch hinterher eure Erfahrungen teilt. So konntet ihr euch zwar beim Singen nicht hören, aber ihr wisst, dass ihr gemeinsam etwas tut, was guttun soll.
Aber tut es denn gut, wenn ich mich mehr oder weniger zwingen muss??
Ja. Tut es. Denn wir wissen doch alle - es gibt ja genug Studien darüber -, dass Singen guttut.
Physisch und psychisch ist Singen nachgewiesenermaßen gut für jeden einzelnen Ausführenden. Dass wir normalerweise im Chor singen, fügt dem positiven Effekt auf uns noch den sozialen HINZU - aber auch ohne direkten sozialen Vorteil ist Singen eine gute Sache. Eventuell haben wir aber sogar DOCH einen sozialen Effekt erreicht: denn wir können ja gar nicht wissen, ob uns nicht doch jemand gehört hat und still genossen hat, dass da jemand für ihn und alle, die es hören wollen, singt.
Natürlich ist es schöner, wenn wir den Effekt merken können; wenn wir unser Publikum spüren, merken, wie die Energie zwischen uns und unseren Zuhörern hin und herfliesst. Aber wir können unsere Erfahung auch erinnern, während wir alleine singen - unsere Vorstellungskraft aktivieren und uns vorstellen, wie unser Singen jemandem die Seele wärmt.
Oder wir erleben unerwartete Effekte, wie ich vorhin: nachdem das gemeinsame Einzelsingen bei der Dämmerung stattfand, waren die Vögel im Garten noch wach und haben mit mir mitgesungen! Das war auch mal ein schöner Chor! :D
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