"Online-Proben" - eine Begriffsklärung

In allen Chorleitungsforen und auch unter den Sängern kursiert aus gegebenem Anlass immer wieder die Frage, ob man nicht Online-Proben abhalten könne?

Ich bin der Meinung, dass es vor allem einmal den Begriff geradezurücken gilt. Denn "Online-Proben" kann es nicht geben - jedenfalls nicht, wenn wir sie uns als normale Chorprob, die einfach auf digitale Medien übersetzt wird, vorstellt.

Das, was technisch machbar ist, kann man sich eher als "Stimmtraining mit Online-Betreuuung" oder "Video-Anleitung zum Üben" vorstellen. Man trifft sich im virtuellen Raum und die Chorleitung übernimmt - viel mehr wahrscheinlich als in analogen Proben - die Funktion des Trainers und Coachs. Die musikalische Arbeit MUSS sich auf das Üben der Töne und dem Nachahmen des Vorsingenden beschränken - wohl meistens ohne Kontrollmöglichkeit.

 

Zur Übersicht habe ich euch einen möglichen Aufbau einer digitalen "Chorprobe" erstellt und weiter unten die spezifischen Anforderungen der fett gedruckten Begriffe im virtuellen Raum.

Allerdings muss ich zugeben, dass das bisher nur Ergebnisse aus meinen Recherchen sind, die ich hier zusammengetragen habe. Ausprobiert habe ich es bis dato noch nicht, werde aber demnächst als Teilnehmer an einem Online-Chortreffen teilnehmen und das dann sicher zeitnah auch selber ausprobieren.

Zu den konkreten Erkenntnissen und Erfahungen werde ich dann nochmal einen extra Blogeintrag verfassen.

 

Eine digitale Chorstunde könnte folgendermaßen aussehen:

- Treffen im digitalen Raum ab einer halben Stunde VOR der ausgemachten Probezeit. Dabei sind die individuellen Mikros eingeschaltet, technische Fragen können geklärt und auch persönliche Themen ausgetauscht werden.

- Mit der ausgemachten Uhrzeit beginnt die Probe. Die Chorleitung oder die zuständige Person macht das Einsingen*.

- Danach muss ich als Chorleitung den Teilnehmenden konkrete Aufgaben stellen. Hier ist das klassische Vorsingen - Nachsingen sehr geeignet, wobei Du dann bei den anderen zu hören bist, selbst aber niemanden hören kannst.

Möglich ist auch, dass sich kleine Gruppen in spezielle "Gruppenräume*" zurückziehen. Du als Leitung kannst  während dieser Zeit in die verschiedenen Röume "betreten" und sehen, wo Deine Hilfe gebraucht wird oder wie die Gruppen zurecht kommen.

- Aussprache, Rhythmik oder ähnliches, was alle betrifft, kann man am Anfang oder auch nach der ersten Übezeit der Kleingruppen wieder mit allen durchführen. Hier sind auch Rückfragen möglich, die während des Übeprozesses aufgetaucht wind. Ebenso kannst Du auch Dinge ansprechen, die dir beim Besuch der Gruppen aufgefallen sind - gerne auch positive Rückmeldung!

- je nach gewünschtem Pensum und verfügbarer Zeit kannst du nach der GemeinsamZeit noch einmal eine kürzere Gruppenzeit einplanen.

- am Schluß ist es schön, wenn Du noch einmal alle zusammenholst und ihr eine Feedbackrunde mit Ergebnissen und Wünschen für die nächste Übungssession macht. Auch hier ist wieder wichtig, dass die Leute sich melden und du den Moderatorenjob übernimmst.

 

Damit die Kommunikation reibungslos verläuft, ist es hilfreich, wenn jeder, der etwas sagen möchte, die Hand hebt - das kann man auf dem Monitor gut erkennen, auch wenn man vielleicht gerade jemand anderen im Blick hat. Ebenso ist es sinnvoll, dass die Teilnehmenden bei Zustimmung nicken oder einen Daumen geben. Hierfür gibt es in den Programmen auch oft Tools, wo man das im mitlaufenden Chat machen kann - aber leichter erkennbar ist es wohl doch im Bild.

Allerdings wird da wohl jeder Chor und jede Gruppe ihr eigenes Procedere finden.

 

Einsingen: im digitalen Raum fällt die Kontrolle des Hörens weg, da es durch die Latenzzeit, also die zeitliche Verschiebung der akkustischen Signale, nicht möglich ist, mehrere Teilnehmer gleichzeitig zu hören. Die Teilnehmer müssen also ihre Mikrofone ausschalten. Als Stimmbildner kann ich nur optische Dinge korrigieren (Haltung, Mundstellung...). Da es aber oft um Trainingszeit, nicht um fachliche individuelle Betreuung geht, ist das nicht so schlimm. Viel wichtiger ist es, dass die Übung gut vorgesungen wird, sehr hilfreich ist es, wenn man dann, wenn die TN die Übung nachsingen soll, noch einmal mitsingt. So kann sich jedes Chormitglied anhängen und singt nicht so mutterseelenalleine vor seinem Gerät.

Gruppenräume werden in einigen Anwendungen, z.B. zoom, angeboten. Du als Chorleitung musst die einzelnen Teilnehmer diesen Räumen zuweisen. Allerdings ist es auch da so, dass man nicht gemeinsam gleichzeitig singen kann - bzw. schon, aber nicht, während man sich hört. Man braucht also wieder jemanden, der die Gruppe anleitet, der vorsingt, während die anderen sich bei ausgeschaltetem Mikrofon mit dranhängen. Es kann daher eine gute Möglichkeit sein, seinen Chorleitungs-Nachwuchs mit einzubinden oder amitionierte Sänger:innen mit in die Verantwortung zu nehmen.

 

So, das ist - wegen des aktuellen Bedarfs mit heißer Nadel gestrickt - ein Versuch, den Horizont der bisherigen analogen Chorleitung zu erweitern und aus der Not eine Tugend zu machen.

Wenn ihr Wünsche oder Anregungen habt oder euch etwas fehlt - schreibt mit eine Nachricht bzw. hinterlasst einen Kommentar!

Ihr hört wieder von mir!!

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