Adventskalender 2021

Zeit für Dich und frische Luft für Deinen Geist

Ich bin an dem ersten Teil hängen geblieben: "...weil man nur in ihr GEWALT über sich hat".
Ich stelle fest, dass sich mein Sprachempfinden entwickelt hat: ich verstehe, dass Leo Tolstoi im Grunde den Gedanken ausdrücken möchte, wie wichtig es ist, im JETZT zu leben.

Ich finde, das kann ich auch ohne Druck, ohne Gewalt tun. Und damit gehe ich sicher liebevoller mit mir um, als wenn ich versuche, mich zum Leben im Augenblick zu zwingen.

Ich frage mich, ob das überhaupt geht, sich zu so einer Haltung zu zwingen? Immerhin erscheint es mir oft sehr schwierig, das richtige Ausbalancieren zwischen Planen und Erinnern, zwischen Hoffnung und Erfahrung zu finden.

Und Balance mit "Gewalt", also mit Anstrengung, Kraft und Zwang hinzubekommen, erscheint mir fast unmöglich.

Vielleicht darf man von Sprache, die im zeitlichen Zusammenhang mit vielen Gewalterfahrungen in Kriegen und Vor- und Nachkriegszeiten geprägt wurde, nicht erwarten, dass sie gewaltfrei ist.

 

Und wenn ich dann den zweiten Teil des Zitats Tolstois lese, ahne ich, dass er mir da wohl zustimmen würde.

Denn hier ist genau vom Gegenteil von Gewalt die Rede: Du, Gegenüber, bist im Augenblick das Wichtigste für mich.
Ja, so stelle ich mir erfüllenden Kontakt und wahre Begegnung vor!

 

Das Fazit, was Tolstoi aus den beiden Betrachtungen zieht, fasziniert mich:

Es gibt nicht Wichtigeres im Leben, als dem Menschen, dem ich in diesem Augenblick begegne, Gutes zu tun.

Wow!

Ich fühle mich fast ein wenig überfordert von diesem Gedanken. Und doch denke ich gleichzeitig, wie wundervoll die Welt aussehen würde, wenn nur manche von uns ab und zu so handeln würden! Und ich weiß, ich fühle mich wundervoll, wenn mir jemand genau dieses Gefühl gibt: mich hier und jetzt unterstützen und mir Gutes tun zu wollen.

Dafür braucht es gar nicht viel: mir Zuzuhören, meine Gefühle mitzuempfinden, meine Gedanken zu teilen oder mich Aufmuntern zu wollen - das reicht schon, um mich glücklich zu machen.

Mal sehen, wen ich gleich im nächsten Augenblick treffen werde, dem ich Gutes tun kann.

Den Soundtrack dazu habe ich mit der Musik des Tages schon auf die Ohren bekommen!